Quartalsbericht 4Q2021

Rückblick

Im vierten Quartal konnte die Strategie die erfreuliche Entwicklung, die sie in den ersten neun Monaten des Jahres erzielt hatte, konsolidieren. Im Zeitverlauf ist die Nettorendite der Strategie ausgesprochen attraktiv, insbesondere, wenn man sie im Kontext der Ära betrachtet, die mit dem Platzen der Sub-Prime-Blase 2008 ihren Anfang nahm. In diesem Zeitraum war die Geldpolitik weltweit lockerer, als irgendjemand vorherzusagen gewagt hätte, was weitreichende Folgen für die Staatsfinanzen, das Zinsniveau und die allgemeine Dynamik an den Finanzmärkten hatte. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass die spezifischen Kräfte, die in einem bestimmten Zeitraum vorherrschen, selten für immer Bestand haben. Wir sind davon überzeugt, dass die Anlagestrategie, die wir seit vielen Jahren verfolgen, unsere Portfolios optimal auf die Zeit nach der „unbegrenzten Liquidität“ vorbereitet.

Ausblick, Gedanken und Themen

Vermeidung der nominalen Wertfalle, Teil II

In diesem Bericht wollen wir die im vorigen Quartal begonnene Erörterung hinsichtlich Geldentwertung weiterführen. Diesmal möchten wir darlegen, welche positiven Auswahlkriterien in unseren Anlageprozess einfliessen, wenn es um die Frage geht, wie wir uns vor der nominalen Wertminderung schützen. Die sichere und vorsichtige Herangehensweise besteht darin, Konzepte aus dem Anleihenmarkt zu übernehmen, da dessen Preismechanismus besonders empfindlich auf den Verlust der Kaufkraft im Laufe der Zeit reagiert. Insbesondere zwei Ansätze sind für uns relevant, nämlich (1) «Short Duration»-Strategien und (2) «Floating Rate Notes»(FRN)-Strukturen. Beide Ansätze lassen sich problemlos auch für die Aktienauswahl nutzen.

Erstens wird mit einer Short-Duration-Strategie versucht, das Auszahlungsprofil so nah wie möglich an die Gegenwart heranzuführen. Deshalb suchen wir nach Aspekten wie hohe wiederkehrende Kapitalflüsse, die es dem Unternehmen ermöglichen, genug Investitionen zu tätigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, und gleichzeitig in der Lage zu sein, eine grosszügige Dividende auszuschütten und/oder Aktien zurückzukaufen. Diese Massnahmen verhindern, dass der Geldzeitwert für den Aktionär in der ferneren Zukunft zu schnell gemindert wird.

Als Beispiele erwähnenswert sind «versorgerähnliche» Unternehmen wie Strom-, Wärme- und Wasseranbieter, Telekommunikationsunternehmen sowie allgemeine Geschäftsbanken und Versicherungsgesellschaften. Auch Firmen aus dem Basiskonsumgütersektor, wie Nahrungsmittel- oder sonstige Verbrauchsgüterhersteller können grundsätzlich von Interesse sein, sofern sie günstig erworben werden können. Die meisten grossen und bekannten Unternehmen in diesem Anlageuniversum halten allerdings unserer diesbezüglichen Prüfung nicht stand, da sie vom Markt als eine Art „Wachstumsanleihe“ angesehen und genutzt werden. Unsere Portfolioauswahl ist jedoch Beleg dafür, dass wir in der Lage sind, weniger bekannte und daher vernachlässigte Papiere in diesem Bereich zu identifizieren und zu günstigen Kursen zu erwerben.

Zweitens gefällt uns das Konzept einer Floating Rate Note, d.h. eines variabel verzinslichen Schuldtitels, weil damit unmittelbar eine reale Anpassung zukünftiger Cashflow-Ströme ermöglicht wird. Im Ergebnis kann dadurch die „Endwertkomponente“ in unserem DCF-Modell vor der Inflation geschützt werden. Er-reicht wird dies hauptsächlich durch die Investition in Unternehmen, die in ihrer Rolle und ihrer Stellung in der generellen Lieferkette über ein hohes Mass an Verhandlungsmacht verfügen.

Dies können etwa Unternehmen sein, die sich durch ein besonders stimmiges Leistungs- bzw. Produktangebot und hohen Wiedererkennungswert der Marke auszeichnen und daher sowohl auf der Lieferanten- als auch der Abnehmerseite günstige Konditionen durchsetzen können. Dazu zählen Einzelhandelsunter-nehmen, zum Beispiel ausgewählte Supermärkte, Kaufhäuser und Franchiseketten, die wertvolle Regalfläche besitzen und/oder auf regelmässige Impulskäufe bauen können. Ein weiteres Beispiel sind Unternehmen, die sich gegenüber ihren Lieferanten in einer starken Verhandlungsposition befinden, etwa grosse, gut aufgestellte Rohstoffhändler oder Grosshändler von vorverarbeiteten Grundstoffen und semi-standardisierten Industrieerzeugnissen. Eine weitere Gruppe von Unternehmen, deren Aktien Merkmale eines variabel verzinslichen Schuldtitels haben, sind diejenigen, die hauptsächlich gegenüber den Abnehmern in einer starken Verhandlungsposition sind. Einige von ihnen profitieren von hohen Umstellungskosten aufgrund der Komplexität der von ihnen angebotenen Produkte, insbesondere wenn diese ebenfalls ein hohes Mass an Kundendienst und Wartung erfordern. Hierzu gehören technische Gebäudeausrüstung und deren Wartung (etwa Klima- und Filteranlagen, Rohrleitungen, Aufzüge), Herstellung und Wartung von Turbinen (beispielsweise für Stromerzeugungsanlagen oder Flugzeugtrieb-werke) und Industriepumpen (für die Verarbeitung von Grundstoffen, Energieerzeugung, Chemie- und Entsalzungsanlagen). Ebenfalls von hohen Umstellungskosten profitieren Unternehmen, die Dienstleistungen mit Zugangsrechten zu seltenen Be- und Entladeeinrichtungen an erstklassigen Standorten erbringen, wie dies bei bestimmten multimodalen Logistik- und Transportdienstleistungen der Fall ist.

Dies ist ein unternehmerischer Überblick auf einen Grossteil unserer favorisierten Sektoren und Branchen für die langfristige Anlage. Aber die entscheidende Frage im Rahmen unserer Arbeit ist in jedem Fall, ob wir bestimmte Aktien mit einem beträchtlichen Abschlag zu ihrem konservativ geschätzten inneren Wert erwerben können. Und dies bringt uns zu einer äusserst reizvollen und vielleicht auch überraschenden Schlussfolgerung: Derzeit können wir aus einem breiten und tiefen Pool von Investmentchancen in diesen bevorzugten Sektoren auswählen, was grösstenteils daran liegen mag, dass die meisten Marktteilnehmer sich auf andere Unternehmen konzentrieren, die unserer Ansicht nach zu teuer, zu kompliziert in der Analyse oder anderweitig unattraktiv sind und damit für uns für eine Anlage nicht in Frage kommen.

Freundliche Grüsse

Gregor Trachsel,
Chief Investment Officer SG Value Partners AG