Wie ein Deep-Value-Anleger Wachstum sucht

CIO Insights 4Q2012

Eine ewige Debatte bei der Kapitalanlage dreht sich um die Frage, ob «Wachstumsorientierung» oder «Wertorientierung» im Zeitverlauf bessere Renditemöglichkeiten bietet. Für uns ist es weniger ein Streitpunkt als vielmehr eine Frage der Definition. Die meisten Anleger, die – sei es von der Sell-Side (Advisory/ Brokerage) oder der Buy-Side (Vermögensverwalter) – auf Wachstum setzen, richten ihr Augenmerk hauptsächlich auf das voraussichtliche Umsatzpotenzial eines neuen Produkts oder Marktes beziehungsweise extrapolieren das zukünftige Wachstum aus der bisherigen Erlös- und Gewinnentwicklung. Wir als Deep-Value-Anleger versuchen dagegen auf weniger offensichtliche und eher unkonventionelle Weise Wachstumschancen zu entdecken. Für den interessierten Anteilsinhaber seien unsere Methoden hier kurz aufgezeichnet:

Erstens berücksichtigen wir auf der Suche nach Wachstum Konsolidierungstendenzen und Marktanteilsgewinne von Unternehmen, die in reifen Märkten und Branchen tätig sind wie beispielsweise traditionelle Medien (Radio/Fernsehen, Verlagswesen, Bildung und Werbung), kommerzielle Dienstleistungen (z.B. Transport, Logistik und Grosshandel) oder Chemie und Verpackung. Dabei kommt es darauf an, die «Konsolidierer» zu identifizieren, denen es durch ihre Preissetzungsmacht beziehungsweise ihre Kostenführerschaft im Zeitverlauf gelingen wird, einen bestimmten Markt oder eine Produktnische zu dominieren und gleichzeitig die schwächeren Akteure zu meiden, die letztendlich vom Markt verschwinden.

Ein zweiter Ansatz zur Identifikation von Wachstum besteht in der Normalisierung von vorübergehenden Cashflow- und Ertragseinbussen bei Unternehmen mit hohen Kostenstrukturen. Chancen bieten hier kapitalintensive Produkte/Dienstleistungen mit langen Vorlaufzeiten (Maschinenbau, Infrastrukturtechnik, Baugewerbe) sowie stark regulierte öffentliche Dienstleistungen wie Versorgung (Strom, Gas, Heizung, Wasser) und Telekommunikation. Die Jahresabschlüsse solcher Unternehmen unterliegen aufgrund des Pauschalcharakters bei Grossaufträgen oder der ausserordentlich hohen Fixkosten des zu Grunde liegenden Geschäfts sehr starken Schwankungen. Hier setzen wir auf die Vorteile der etablierten Unternehmen: hohe Markteintrittsschranken für potenzielle Mitbewerber, hohe Umstellungs- oder Wechselkosten für bestehende Kunden, geringe Substitutionsgefahr und ein pragmatisches regulatorisches Umfeld, das es ihnen ermöglicht, eine zufriedenstellende, langfristige Rendite auf das investierte Kapital zu erwirtschaften.

Drittens lässt sich Wachstum auch bei Unternehmen mit aktuell schwachen Gewinnen und Margen finden. Dies trifft auf Unternehmen zu, bei denen das gegenwärtige Gewinnpotenzial nicht vollumfänglich zum Tragen kommt, weil sie beispielsweise hohe Investitionen getätigt haben, stark in Forschung und Entwicklung investieren, Kosten wegen der Verbesserung der Produktionsprozesse anfallen oder andere effizienzsteigernde Massnahmen verfolgen.

Und viertens interessieren uns Unternehmen mit aufgeblähten Kostenstrukturen, deren Betriebsprozesse optimiert werden können, sodass die Gewinnspanne gesteigert werden kann. Hier gilt es Vorsicht walten zu lassen, denn es besteht das Risiko einer anhaltenden Underperformance, es sei denn, der Verwaltungsrat zeigt sich bereit und entschlossen, Änderungen bei der Unternehmensführung durchzusetzen, strukturell angeschlagene Geschäftszweige zu veräussern oder andere weitreichende Entscheidungen zu treffen.

Diese vier alternativen Wege zum Wachstum haben eines gemeinsam: Der Trend der aktuellen oder jüngsten Geschäftsergebnisse ist schwach und eine Wende zum Besseren zeichnet sich noch nicht offensichtlich ab. Wer Anlagechancen auf die beschriebene Art wahrnehmen möchte, muss zwangsläufig vom Konzept der Rückkehr zum Mittelwert überzeugt sein. Für potenzielle Anleger, die diese Ansicht nicht teilen, ist unser Fonds möglicherweise kein geeignetes Anlageinstrument, da eben dieses Konzept den meisten unserer Entscheidungen zugrunde liegt.

Mit freundlichen Grüssen

Gregor Trachsel

Chief Investment Officer SG Value Partners AG