Quartalsbericht 3Q2021

Rückblick

Ein grosses Thema unter den Marktteilnehmern war erneut die Frage, wie sich die beabsichtigte Verringerung der Liquiditätszuführung seitens der wichtigsten Zentralbanken auf die breiteren Finanzmärkte durchschlagen wird. Gleichzeitig signalisieren offizielle Stellen, dass die Geldpolitik in den großen Volkswirtschaften weiterhin sehr expansiv bleiben wird. Ob es uns nun gefällt oder nicht, diese Umstände haben bei diversen Anlagen allmählich zu übertriebenen Kursprämien geführt. Im folgenden Abschnitt wollen wir aufzeigen, wie wir diese Bereiche umgehen.

Ausblick, Gedanken und Themen

Vermeidung der nominalen Wertfalle, Teil I

Beginnend mit der US-Subprime-Krise 2007/2008 haben Zentralbanken weltweit in einem bis dato noch nie dagewesenen Umfang Liquidität in die Märkte gepumpt. Ein nach unserer Ansicht unbeabsichtigter Nebeneffekt dessen ist, dass unter den Anlegern eine gewisse Verwirrung entstanden ist, welche Aktienanlagen nun dauerhaften Wert bieten und welche hauptsächlich von den Gerüchten, Stimmungen und Launen des Markts getrieben werden. Der Einfachheit halber bezeichnen wir erstere als «reale Vermögenswerte» und letztere als «nominale Vermögenswerte».

Unser Bestreben ist es natürlich, dass das Portfolio des Fonds im Idealfall möglichst wenige «nominale» und möglichst viele «reale» Vermögenswerte enthält. Sprechen wir zuerst über die Arten von Aktien, die wir nicht im Fonds haben wollen. In einem zukünftigen Kommentar werden wir darauf eingehen, welche Aktien wir in diesem Spannungsfeld von «real vs. nominal» bevorzugen.

Erstens dürfte es einleuchtend sein, dass wir versuchen, möglichst wenig Barmittel und Geldmarktinstrumente zu halten, ob nun in Form von «harten» oder «weichen» Fiat-Währungen, da diese im aktuellen Zinsumfeld eine negative Rendite abwerfen. Offensichtlich ziehen wir neuartige Formen der Liquidität wie virtuelle Währungen gar nicht erst in Betracht, da sie unserer Ansicht nach ebenfalls eher «nominale» als «reale» Eigenschaften aufweisen. Glücklicherweise haben wir keinen Anlagenotstand. Die reichlich vorhandenen Schnäppchen nutzen wir um das Fondsvermögen in ein breit diversifiziertes Portfolio zu investieren, welches unseren Ansprüchen hinsichtlich realen Vermögenswerten entspricht.

Zweitens sind wir der Ansicht, dass Aktien, die vom Markt praktisch wie Anleihen behandelt werden – die sogenannten «Bond Proxies» (z. B. stabile «Blue Chips» mit stetigem Wachstum aus den Sektoren Basiskonsumgüter, Gesundheitswesen und High-Tech) – derzeit im Allgemeinen kein gutes Wertpotenzial bieten, da ihre künftigen Gewinne vom Markt zu unverhältnismässig niedrigen Diskontsätzen abgezinst werden.

Drittens sind wir Unternehmen gegenüber sehr vorsichtig, deren impliziter Wert zu einem Grossteil mit Goodwill in Form von Akquisitionsprämien, Markennamen und anderen schwer zu bewertenden Bilanzposten in Zusammenhang steht. So steigen die Übernahmeprämien angesichts der derzeit günstigen verfügbaren Finanzierungen stetig. Diese «Buchwerte» müssen indes im Laufe der Zeit teilweise oder ganz abgeschrieben werden, wenn sie den obligatorischen Wertminderungstests zu künftigen Bewertungszeitpunkten nicht standhalten. Was die Markenwerte betrifft, so werden diese häufig von den Unternehmensleitungen wie auch den Analysten übertrieben hoch eingeschätzt. Daher werden sie insbesondere in Zeiten, in denen reichlich Liquidität vorhanden ist, von den Märkten überbewertet.

Viertens ist es bei reichlich vorhandener Anlageliquidität immer so, dass zu viele Unternehmen an die Börse gehen, die langfristig ein wenig überzeugendendes Geschäftsmodell bieten. Einige von ihnen haben kaum mehr als eine eingängige Story oder ein prägnantes Konzept und setzen auf aktuelle Trends und Ideen, die zwar gerade populär sind, deren Tragfähigkeit im Wettbewerb aber erst noch bewiesen werden muss. Noch einen Schritt weiter geht diese Entwicklung mit dem jüngsten Boom bei den Special Purpose Acquisition Companies (SPACs). Die Sponsoren dieser SPACs sind in der Lage, Kapital durch die Ausgabe von Anteilen an leeren Mantelgesellschaften zu beschaffen, einzig mit dem unverbindlichen Versprechen, den Erlös anschliessend in ein – hoffentlich - erfolgreiches Unternehmen zu investieren.

Fünftens können wir ausserdem Segmente mit unattraktiven Bewertungen erkennen, etwa bei Unternehmen, die von den allzu günstigen Finanzierungsbedingungen für Konsumenten profitieren (z. B. für Wohnimmobilien in beliebten Lagen, Luxusgüter und sogar Kunst und Sammlerobjekte). Daran wird ersichtlich, dass die Frage von «real» gegenüber «nominal» über die Präferenz für «materielle» gegenüber «immateriellen» Vermögenswerten hinausgeht. Selbst harte Vermögenswerte können deutlich überzogene Bewertungen aufweisen, wenn die Geldpolitik über einen längeren Zeitraum sehr expansiv ist.

Wir können nicht vorhersagen, welche Konsequenzen die anhaltend lockere Geldmarktpolitik letztendlich für die Weltwirtschaft haben wird. Aber wir können wachsam bleiben und uns auf eine Zukunft vorbereiten, in der für Kapital wieder ein angemessener Preis bezahlt werden muss, der das reale, inflationsbereinigte Umfeld angemessen widerspiegelt.

Freundliche Grüsse,

Gregor Trachsel,
Chief Investment Officer SG Value Partners AG