Quartalsbericht 1Q2021

Rückblick

Während des Berichtszeitraums tendierten die Aktienkurse weitgehend nach oben, angetrieben von den anhaltenden geld- und steuerpolitischen Anreizprogrammen auf der ganzen Welt. Als Folge beobachten wir beunruhigende Anzeichen von übertriebenem Optimismus in bestimmten Bereichen der Finanzmärkte. Wichtiger und relevanter für unsere Entscheidungen ist jedoch die Tatsache, dass es weltweit immer noch viele ignorierte und nicht im Rampenlicht stehende Beteiligungspapiere gibt, von denen kritische Investoren, die wie wir auf das Preis/Wert-Verhältnis achten, profitieren können.

Ausblick, Gedanken und Themen

Missverständnisse zu Value Investing

In den vergangenen Monaten, nachdem im November 2020 die ersten Meldungen über einen wirksamen Impfstoff gegen COVID-19 erschienen waren, hat das Thema Value Investing in der generellen Finanzwelt wieder an Aufmerksamkeit gewonnen. Insbesondere wird rege über die Vor- und Nachteile des sogenannten «Value Trades» gesprochen. Daher halten wir es an der Zeit gewisse Trugschlüsse zu beleuchten, was Value Investing unserer Meinung nach ist und was es nicht ist. Die Leser sollten wissen, dass sich diese Überlegungen konkret auf unseren Blickwinkel infolge unserer Kompetenz als «Deep Value»-Investoren beziehen. Wir beabsichtigen keinesfalls, andere Ansätze zu kritisieren, zu widerlegen oder zu entkräften, die den Begriff «Value» nutzen, wie etwa quantitative, Smart-Beta-, Blue-Chip- oder indexorientierte Value-Strategien.

Hauptsächlich sehen wir uns mit zwei Fehlinterpretationen konfrontiert, von denen jede einen kurzen Kommentar verdient. Erstens ist Value Investing – im Gegensatz zu dem, was man in letzter Zeit so häufig hört – keine vorübergehende, durch die Wirtschaftslage, die Form der Renditekurve oder die Regierungspolitik bedingte Modeerscheinung. Value Investing lässt sich auch nicht bequem zu breit basierten Handelsmustern gemäss beliebten Marktstimmungen zusammenfassen. Als sich die Covid-Pandemie hinzog, begann der Markt unter anderem mit eingängigen Namen belegten aber grob vereinfachenden täglichen Handelsmustern für «Lockdown-Aktien» und «Wiederöffnungsaktien» zu folgen (zu den letzteren wurden offenbar auch «Substanzwerte» gezählt).

Aber wirklicher Value, so wie wir ihn verstehen, also reale Substanz, ist kein plötzlich auftauchendes und ebenso rasch wieder verschwindendes Phänomen auf dem Börsenparkett. Vielmehr ist Substanz entweder vorhanden oder eben nicht, und dies zeigt sich durch die analytische Beurteilung eines bestimmten Unternehmens und die konkrete Einzelbewertung, mit all ihren besonderen Attributen in Hinblick auf die angebotenen Produkte und/oder Dienstleistungen, die Positionierung im Wettbewerbsumfeld, das operative Management und die Unternehmensfinanzen.

Zweitens ist Value Investing nicht automatisch mit einem „höheren Risiko“ verbunden und auch nicht gleichbedeutend mit „geringer Qualität“. Insbesondere die erste Behauptung wurde in häufig zitierten empirischen Studien aufgestellt, in denen sogenannte Performance-Anomalien untersucht wurden. Im Grunde genommen impliziert die Theorie, dass eine über längere Zeiträume beobachtete höhere Performance von Value-Aktien einem höheren Risiko zugeschrieben werden sollte, zum Beispiel volatileren periodischen Ergebnissen, geringeren Margen oder einem höheren Fremdkapitalanteil als bei anderen Unternehmen. Als praktizierende wertorientierte Anleger, die sich auf Bottom-up-Analysen stützen, sehen wir guten Grund, diese generalisierte Schlussfolgerung in Frage zu stellen. Denn nur weil beispielsweise konjunkturabhängige Unternehmen oder Firmen mit Grossprojekten und somit unregelmässigen Ertragsströmen stark schwankende Resultate berichten, bedeutet das noch nicht, dass mit ihnen per se auch ein höheres Risiko verbunden ist. Es bedeutet einfach eine andere Art von Risiko im Vergleich zu scheinbar stabilen Konsumgüterunternehmen, deren Finanzergebnisse vermeintlich einfach vorherzusagen sind.

Für uns läuft dies in jedem Fall darauf hinaus, dass die Bewertung und die darauf folgende Berechnung des inneren Werts eines Unternehmens auf einer langfristigen, normalisierten und über mehrere Konjunkturzyklen hinweg gehenden Betrachtung beruhen müssen. Daher ziehen wir aus dem Vorstehenden zwei Hauptschlüsse. Erstens, selbst wenn wir uns wiederholen, aber es kann nicht häufig und nachdrücklich genug betont werden: Der Erfolg beim Deep-Value-Investing stellt sich mit der Zeit ein und ist nicht eine Frage des Zeitpunkts. Das gilt für beide beteiligte Parteien, einerseits für den Portfolio Manager und andererseits auch für den Anleger. Als Manager kaufen und verkaufen wir Portfolio-Positionen nicht abhängig davon, welche Laune gerade auf den Märkten vorherrscht oder wie gerade die Quartalsergebnisse ausgefallen sind. Und für unsere Anleger ist es ebenso wenig ratsam, Anteile am Fonds abhängig von der kurzfristigen Performance und der Stimmung am Markt zu erwerben und wieder zu verkaufen. Die zweite Schlussfolgerung ergibt sich daraus: Für uns geht es vor allem um einen kontinuierlichen Prozess, in dem wir unsere Philosophie konsequent und mit eiserner Disziplin umsetzen. Dies schlägt sich im Lauf der Zeit letztendlich in einer soliden Nettorendite für unsere Anleger nieder. Und für den Sparer und seinen Berater sollte Deep Value nicht als taktisches Instrument der Portfolio-Strukturierung dienen, sondern als beständige Komponente in ihr gesamtes Anlageprogramm einbezogen werden.

Mit freundlichen Grüssen,

Gregor Trachsel,
Chief Investment Officer SG Value Partners AG