Seit nunmehr 20 Jahren investieren wir weltweit in Aktien im Rahmen von öffentlichen Publikumsfonds. Erreicht wurde dieser kontinuierliche Leistungsausweis, indem unter der Führung von denselben Entscheidungsträgern alle Höhen und Tiefen überwunden, die gleichen Leitprinzipien angewendet und jeglichen Abwegen von unserem Anlagestil widerstanden wurden. Gewiss ein guter Zeitpunkt, um sich über ein sich ständig veränderndes Investment Management-Umfeld sowie unsere Rolle darin Gedanken zu machen.
Aus unserer Sicht haben vor allem vier Trends das generelle Anlageverhalten im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte geprägt: (1) der Fokus auf relative Performancemessung; (2) die Indexierung und Standardisierung von kollektiven Anlageprodukten; (3) die Verwendung von Formeln und Algorithmen als wichtigste Werkzeuge für die Anlageentscheidung; und (4) die fallende Haltedauer von einzelnen Aktien. Von unserem Standpunkt aus betrachtet, sind diese Phänomene in sich weder gut noch schlecht. Vielmehr geht es uns darum, von den potenziellen verhaltensbedingten Lücken, die sie hinterlassen, zu profitieren.
Erstens: Die relative Performancemessung kann hilfreich sein, wenn man im Rückblick die Entwicklung verschiedener Anlageoptionen miteinander vergleichen will. Aber die meisten Anleger drücken ihre Sparziele eher absolut aus: „Bis zu meinem Ruhestand muss ich ein Kapital in Höhe von X angespart haben.“ Diesbezüglich ist die vergangene relative Performance keine besonders sinnvolle Planungshilfe. Deshalb haben wir immer die langfristige absolute Rendite als unseren Wegweiser genutzt, anstatt uns ein relatives Performanceziel für einen bestimmten Zeitraum zu setzen.
Zweitens: Die Nutzung von passiven Produkten und Robo-Advisors beruht weitgehend auf der Einstellung „Kaufen, was steigt, und verkaufen, was fällt“. Dennoch zeigt unsere Bilanz über die vergangenen 20 Jahre, dass das Anlageprinzip „Kaufen, was günstig ist, und verkaufen, was teuer ist“ seine Legitimation behalten hat. Anders ausgedrückt, eine Querdenker-Strategie kann auch in einem Umfeld erfolgreich sein, in dem die meisten Anleger eher auf Momentum setzen. Investoren können beide sogar als sich ergänzende Strategien nutzen. Schliesslich ist eine Momentumstrategie schon aufgrund ihrer Konzeption nicht in der Lage, Wendepunkte wie unternehmerische Turnarounds und Effekte wie die Rückkehr zum Mittelwert zu erfassen – Bereiche, auf die wir uns spezialisiert haben.
Drittens: Angesichts der enormen Computerleistung, die heute zur Verfügung steht, mag es vernünftig erscheinen, für die Aktienauswahl vorgegebene Formeln und Algorithmen zu nutzen – wenn man sich denn nur darauf verlassen könnte, dass diese auch in einer unbekannten Zukunft ihre Richtigkeit behalten. Das Backtesting von früheren Datenbeziehungen ist eine einfache Sache, aber welche Aussagekraft hat das Ergebnis für die Zukunft? Gerade beim Value Investing, bei dem zahlreiche unternehmensspezifische Besonderheiten zu beurteilen sind, ist es überaus schwierig, mit einem standardisierten quantitativen Ansatz auf zuverlässige Weise lukrative Anlagen zu identifizieren. Daher geben wir einem unternehmerischen, auf Einzelfallbasis beruhenden Prozess der Aktienauswahl den Vorzug, der es uns ermöglicht, die spezifischen betrieblichen und finanziellen Merkmale jedes Unternehmens angemessen zu berücksichtigen.
Und viertens: Der drastische Rückgang der Transaktionskosten und die technologischen Fortschritte beim Handel haben zu einer schnelllebigen Stimmung bei Aktieninvestitionen respektive Transaktionen geführt. Offensichtlich ist die grundlegende Bereitschaft, auch die unvermeidlichen schwierigen Zeiten in der langfristigen Entwicklung eines Unternehmens durchzustehen, zu einer Seltenheit geworden. Aber empirische Untersuchungen zeigen, dass hohe Umschlagsraten keinesfalls auch hohe Portfoliorenditen garantieren – eher im Gegenteil. Nicht immer sind die sprichwörtlichen Kirschen in Nachbars Garten süsser, und nicht immer ist die nächste Portfolioidee notwendigerweise besser als die letzte. Genau deshalb stehen wir entschlossen zu unserer Strategie des Kaufens und Haltens. Wenn also beispielsweise die momentanen Aussichten düster sind, aber das zugrundeliegende Geschäftsmodell langfristig weiterhin tragfähig erscheint, dann räumen wir dem betreffenden Unternehmen gerne einen analytischen Vertrauensvorschuss ein, ganz im Sinne von „im Zweifel für die Firma“.
Für den geduldigen Anleger, der dem Fonds längerfristig treu bleibt, wird die Gesamtrendite umso gewichtiger, je länger sich der Leistungsausweis fortsetzt. Dieser Zinseszinseffekt gibt uns reichlich Energie und Motivation, die Reise fortzusetzen und die nächsten Kapitel im Fondsmanagement zu schreiben. Was auch geschehen mag, wir halten an unserer grundlegenden Annahme fest, dass die Suche nach unterbewerteten Unternehmen und die Investition in deren Aktien eine Strategie ist, die sich in den nächsten 20 Jahren als ebenso „wetterfest“ erweisen wird wie in den vergangenen 20 Jahren.
Freundliche Grüsse
Gregor Trachsel
Chief Investment Officer SG Value Partners AG