Unternehmen, die sich langfristig bewähren

Rückblick

Im vierten Quartal 2022 und im Gesamtjahr zeigte sich, wie solide die zugrundeliegende Struktur unserer Portfolios ist, während die schwächelnden Finanzmärkte mit Inflationsdruck, weniger expansiven geldpolitischen Bedingungen, Rezessionsängsten und einer Vielzahl internationaler Spannungen zu kämpfen hatten. Während ein von vielen Überraschungen und Unsicherheiten geprägtes Kalenderjahr zu Ende ging, zeigte sich erneut, wie wertvoll es ist, auf der Suche nach einer klaren Orientierung eine langfristige Perspektive einzunehmen. Wie wir unten näher erläutern werden, geht es dabei unserer Meinung nach nicht nur darum, wie die Anleger ihren Anlagehorizont definieren, sondern auch darum, wie krisenerprobt ihre individuelle Portfolioauswahl ist.

Ausblick, Gedanken und Themen

Unternehmen, die sich langfristig bewähren

Das Durchschnittsalter der Unternehmen in unseren Portfolios beträgt etwa 90 Jahre. Dies ist eine ausserordentliche und bemerkenswerte Zahl für ein vielseitiges, global diversifiziertes Portfolio, vor allem im Kontrast zu dem auf Neuheiten ausgerichteten Anlageverhalten, das heutzutage vielfach die Regel ist. Daher können wir mit gutem Grund sagen, dass die Langlebigkeit von Unternehmen eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale unserer Anlageauswahl ist. Um gleich zu Beginn der folgenden Erörterung Klarheit zu schaffen, weisen wir darauf hin, dass das Alter eines Unternehmens unserer Ansicht nach per se kein Garant für gute Anlageerträge ist. Jeder von uns kann wahrscheinlich eine ganze Reihe namhafter und in einigen Fällen Jahrhunderte alter Unternehmen aufführen, die spektakulär in Ungnade gefallen sind.

Seit langem etablierte Unternehmen weisen jedoch gewisse Vorzüge auf, die wir schätzen – sowohl im Hinblick auf die Eigenschaften der Unternehmen als auch für die Anlageanalyse. Was die Eigenschaften der Unternehmen angeht, erkennen wir drei prägnante Vorteile. Erstens haben eingesessene Unternehmen bewiesen, dass sie ein geschicktes Stakeholder Management betreiben. Sie pflegen in der Regel solide und gut strukturierte Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Mitarbeitenden, Kapitalgebern, Aktionären und Regulierungsbehörden. Japanische Unternehmen sind zum Beispiel seit langer Zeit bekannt für ihren ganzheitlichen Stakeholder-Kodex. Dies könnte eine Erklärung für die Widerstandskraft sein, die sie nach dem Platzen der Wirtschaftsblase im Jahr 1989 an den Tag gelegt haben.

Zweitens sind langlebige Unternehmen häufig in reifen Wirtschaftssektoren zu finden, die wir seit langem bevorzugen: (1) Basisdienstleistungen wie Strom, Sanitäreinrichtungen, Heizung und Klima, Telekommunikation, Logistik und Transport sowie traditionelle Medien, (2) Energie und Rohstoffverarbeitung und (3) der industrielle Sektor, der unter anderem die Produktion und Instandhaltung eines breiten Spektrums von Maschinen, Industrieanlagen und Investitionsgütern umfasst. Solche Unternehmen profitieren häufig von einer oligopolistischen Branchenstruktur, die von beachtlichen Markteintrittsschranken, hohen Umstiegskosten und einem gut etablierten regulatorischen Rahmen geprägt ist. Diese Eigenschaften fördern ein stabiles und vorhersehbares Umfeld für das Tagesgeschäft und die mittel- bis langfristige strategische Planung dieser Unternehmen.

Drittens verfügen viele Unternehmen, die sich im Laufe der Zeit bewährt haben, über starke Marken und/oder ein diversifiziertes Portfolio von wertvollen Patenten. Nicht selten geniessen sie einen guten Ruf am Markt, einen hohen Bekanntheitsgrad und eine unbestrittene Kundenakzeptanz. Diese Eigenschaften tragen in der Regel zu einem höheren impliziten Firmenwert dieser Unternehmen bei und könnten das Interesse von Drittparteien anziehen. Damit verfügen sie über eine verborgene «Bewertungsuntergrenze», die begehrten Vermögenswerten beigemessen wird, weshalb ein Käufer, der das gesamte Unternehmen übernehmen möchte, einen erheblich höheren Preis zahlen müsste, als sich aus dem aktuellen Kurs am Aktienmarkt ergibt.

Was nun unsere Rolle als Analysten betrifft, so liegt es in der Natur der Sache, dass langfristige Anleger zu Unternehmen neigen, die auf eine langjährige Geschäftstätigkeit zurückblicken können. In Bezug auf unseren spezifischen Ansatz sind wir überzeugt, dass dies die Klarheit und Aussagekraft der Input-Daten verbessert, auf die wir uns bei der laufenden (1) Suche nach Unternehmen sowie (2) ihrer Beurteilung und (3) ihrer Bewertung stützen. Dies ist ein wichtiges Element des sogenannten «Kompetenzkreises», an dem wir uns orientieren, um unsere Anlageanalyse einzugrenzen und zu präzisieren.

Erstens verwirft unser Auswahlprozess die meisten erst seit kurzer Zeit bestehenden und unerprobten Unternehmen. Damit werden viele potenzielle analytische Risiken von vornherein ausgeschaltet. Zweitens wird der Beurteilungsprozess dadurch aufschlussreicher, dass wir untersuchen können, wie die Unternehmen die vergangenen Phasen mit makro- und sozioökonomischen sowie branchen- oder unternehmensspezifischen Problemen bewältigt haben. Drittens können wir infolgedessen mit tatsächlichen Zahlen arbeiten, die über viele Jahre hinweg erfasst wurden. Dies verbessert die statistische Datenbasis, die wir für unsere Bewertungsanalyse benötigen. Da wir uns stark auf die Discounted-Cash-Flow-Methode stützen, werden zukunftsgerichtete Schätzungen robuster und aussagekräftiger, wenn wir die historischen Finanzdaten eines Unternehmens «normalisieren» können.

Fazit: Als stark wertorientierte Investoren sind wir überzeugt, dass wir seit langem bestehende Unternehmen analytisch besser erfassen können als unausgereifte. Dies verringert die Unsicherheit, verbessert das erzielbare Risiko-Rendite-Profil für den Fonds und erhöht die Effektivität unserer Arbeit.

Mit freundlichen Grüssen

Gregor Trachsel

Chief Investment Officer SG Value Partners AG