Die allmähliche Rehabilitierung japanischer Aktien

CIO Insights 2Q2023

Eines der charakteristischen Merkmale unseres globalen Anlageprogramms ist eine über die Jahre hinweg beträchtliche und stetige Allokation in sorgfältig ausgewählte japanische Aktien. Im Laufe der Zeit wurde damit ein deutlich positiver Beitrag zur durchschnittlichen Nettorendite unserer Strategie erzielt. Unsere langjährigen Anleger werden sich daran erinnern, dass etwa vor einem Jahrzehnt japanische Aktien fast die Hälfte der gesamten Portfoliozusammensetzung ausmachten. Diese Gewichtung hat sich allmählich reduziert, da wir in der Lage waren, Gewinne mitzunehmen und mehrere Beteiligungen zu veräussern, deren Preise unsere konservative Einschätzung ihres inneren Wertes erreicht hatten. Aber selbst heute stellt Japan mit 15 bis 20 % des Portfolios die grösste Länderallokation.

Im Mai machte der Nikkei Index Schlagzeilen, als er seinen höchsten Stand seit 33 Jahren erreichte. Marktbeobachter haben eine Reihe von Argumenten vorgebracht, um die jüngste Hausse des Nikkei zu erklären: aktionärsfreundliche Massnahmen der Unternehmensvorstände, insbesondere in Form von höheren Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufen; eine Rekordzahl von Vorschlägen von Investoren, die auf zusätzliche wertsteigernde Massnahmen abzielen; ein schwacher Yen, der die Einnahmen der Unternehmen aus ausländischen Geschäftstätigkeiten erhöht; ein geografischer Markt, der im Vergleich zu anderen asiatischen Regionen als risikoärmere und weniger kontroverse Anlagealternative wahrgenommen wird; und positive Aussagen über japanische Aktien seitens einflussreicher und viel beachteter ausländischer Investoren.

Angesichts unseres signifikanten Engagements in japanischen Beteiligungspapieren wären wir sicherlich in einer vorteilhaften Ausgangsposition, um weitere Gewinne zu erzielen, sollte der aktuelle Rückenwind anhalten. Aber was auch immer die Zukunft bringen mag, unsere Bewertungsdisziplin zeigt, dass die von uns ausgewählten Aktien immer noch günstig und damit sehr attraktiv sind. Wir führen die grossen Abschläge, die sich uns bieten, hauptsächlich auf drei strukturelle Faktoren zurück.

Erstens beruht die japanische Geschäftspraxis traditionell auf einem ganzheitlichen Stakeholder-Modell, bei dem die Perspektiven von Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern und der Gesellschaft als Ganzes berücksichtigt werden. Westliche Anleger hingegen rücken ihre Interessen als Aktionäre üblicherweise in den Vordergrund. Zweitens ist es in Japan immer noch schwieriger, Informationen aus erster Hand zu erhalten, als im Rest der Welt — auch wenn die Aufsichtsbehörden und Börsen die Unternehmen drängen, ihre Investor-Relations-Kapazitäten auszubauen. Dies stellt für ausländische Anleger eine grosse Hürde dar, falls sie die gleichen Checklisten anwenden wie in ihren Heimatmärkten. Hinzu kommt, dass die Marktanalysen der japanischen Broker nicht gleich umfassend sind wie für andere entwickelte Märkte, weil Japan seit Jahrzehnten eine so unpopuläre Anlageregion gewesen ist. Diese fehlende Tiefe und Breite der Analyse führt zu ineffizienter Kursbildung, besonders bei Unternehmen von kleinerer und mittlerer Grösse. Und drittens schrecken viele westliche Anleger aus anderen Hinderungsgründen vor dem Kauf japanischer Aktien zurück: vermeintlich ungünstige demographische Entwicklungen; die Vorstellung, dass es dort hauptsächlich eher langweilige Unternehmen mit mässigen Gewinnspannen und Wachstumsaussichten gibt; der bisherige Wertverlust des Yen, der fremdwährungssensitiven Anlegern Sorge bereitet; sowie Nachteile im Hinblick auf die Erreichbarkeit und Kommunikation, zum Beispiel der grosse Zeitunterschied für Händler in den westlichen Finanzmetropolen und die erhebliche Sprachbarriere.

Trotz der aktuellen Aufwärtsbewegung japanischer Aktien bleibt die sprichwörtliche “Wall of Worry” somit in den Augen der globalen Investoren weiterhin steil und steinig. Einige dieser Hindernisse und Sorgen werden mit der Zeit langsam aber sicher abnehmen, wenn die Unternehmen auf ihren jüngsten Erfolgen in Bezug auf grundlegende Verbesserungen der Unternehmensführung aufbauen können.

Unabhängig von den Entscheidungen anderer Marktteilnehmer zeigt die Gesamtrendite unserer globalen Strategie, dass wir — trotz aller Widrigkeiten — erfolgreich an der japanischen “Wall of Worry” emporgeklettert sind. Wir sind zuversichtlich, dass uns dies auch in Zukunft gelingen wird.

Mit freundlichen Grüssen

Gregor Trachsel

Chief Investment Officer SG Value Partners AG