Als substanzorientierte Anleger kommt es uns bei der Auswahl von Anlageobjekten in erster Linie darauf an, zwischen zwei Dingen unterscheiden zu können: (1) vorübergehende Schwierigkeiten, mit denen jedes Unternehmen zwangsläufig von Zeit zu Zeit zu kämpfen hat, und (2) dauernde Wertminderung. Uns interessieren Anlagemöglichkeiten, wenn sich ein Unternehmen in der ersten Situation befindet und wir – anders als der Markt – der Ansicht sind, dass ein bestimmtes Problem nicht wesentlich substanzmindernd ist oder dessen Lösung letztendlich sogar zu einer Stärkung des Unternehmens führen kann. Die zweite Situation wollen wir dagegen um jeden Preis vermeiden, denn in diesen Fällen ist die Substanz endgültig verloren.
Wie gut uns diese Unterscheidung gelingt, zeigt sich insbesondere bei einem so dramatischen Abschwung, wie wir ihn derzeit erleben. Bislang ist das Ergebnis überaus vielversprechend. Ein prüfender Blick auf unser Portfolio zeigt, dass bisher keins der folgenden Ereignisse eingetreten ist, die wir als eine dauernde Wertminderung ansehen würden: Verkauf von strategischen Kerngeschäftseinheiten, Sachanlagen oder Wertpapieren zu Ausverkaufspreisen, Einschnitte bei wesentlichen Investitionen und Personalabbau mit dem Verlust von Schlüsselpersonal in entscheidenden Forschungs- und Entwicklungs-, Produktions- sowie Kundenbetreuungsfunktionen.
Natürlich müssen sich auch unsere Portfoliofirmen an den Abschwung anpassen, aber ihre Stärke gibt ihnen die Möglichkeit, eher subtilere, ja sogar vorteilhafte Veränderungen vorzunehmen, ohne den Substanzwert zu mindern oder ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden. Zahlreiche Unternehmen in unserem Fonds haben beispielsweise ihre Dividenden gekürzt oder ausgesetzt, um Liquidität zu erhalten. Anders als viele Aktienanleger beurteilen wir einen solchen Schritt als positiv, denn gerade jetzt ist die Zeit für wertschöpfende Massnahmen, etwa das Zurückkaufen von Fremdkapital zu erheblichen Abschlägen oder der Erwerb günstiger Übernahmekandidaten.
Ein weiteres gutes Beispiel für die Anpassung an schwierige Zeiten ist die rigorose Überprüfung von Investitionsprogrammen und die anschliessende Kürzung bei Investitionen, die sich als nicht wesentlich erweisen. Jeder Abschwung verstärkt die Notwendigkeit einer gestrafften Projektfinanzplanung, was letztendlich für die Aktionäre vorteilhaft ist, weil sich dadurch über den normalen Konjunkturzyklus betrachtet sowohl die Ertragskraft als auch die Kapitaleffizienz tendenziell verbessert.
Ein dritter Weg, den etliche der Unternehmen in unserem Portfolio gehen, um der Krise auf konstruktive Weise zu begegnen, betrifft den Personalbereich. Statt eines generellen Stellenabbaus, bei dem wertvolles Know-how verloren geht, nutzen sie die Möglichkeit von Arbeitszeitverkürzungen oder Urlauben. So können unsere Unternehmen ihre Kostenstruktur anpassen und erhalten sich dennoch ihre Fähigkeit, die Produktion kurzfristig zu steigern, sobald die Nachfrage wieder anzieht. Möglicherweise liegt hier einer der Vorteile der Beteiligung an kleineren und mittelgrossen Unternehmen: Häufig befinden sich derartige Gesellschaften im Mehrheitsbesitz einer Familie oder eines anderen langfristig denkenden Gesellschafters, und vermutlich messen solche Eigner diesem Aspekt mehr Bedeutung bei als viele der grossen Publikumsgesellschaften.
Es versteht sich von selbst, dass der Umfang, in dem unsere Unternehmen ihre Substanz erhalten können, in hohem Masse davon abhängt, wie stark der Abschwung wird und wie lange er anhält. Irgendwann muss selbst das solideste Unternehmen entscheidende Aktiva zu einem zu niedrigen Preis verkaufen, rentabilitätssteigernde Investitionschancen ungenutzt lassen oder massiv Schlüsselpersonal abbauen. Glücklicherweise sind wir aber dank der im Fonds enthaltenen Substanz von einem derart düsteren Szenario weit entfernt.
Mit freundlichen Grüssen
Gregor Trachsel
Chief Investment Officer SG Value Partners AG